Marianne Lunzer-Lindhausen zum 90. Geburstag Ein Beitrag von Wolfgang Duchkowitsch und Hannes Haas

Marianne Lunzer-Lindhausen, die Doyenne und langjährige Vorständin des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien, beging am 22. Juli 2009 ihren 90. Geburtstag. Sie begann ihre wissenschaftliche Karriere nach dem Studium der Germanistik und der Promotion zur Doktorin der Philosophie im Wintersemester 1942/43. Am gerade eröffneten Institut für Zeitungswissenschaft der Universität Wien wurde sie als „Verwalterin einer Assistentenstelle“ angestellt. Als der damalige Institutsvorstand, a. o. Univ. Prof. Dr. Karl Kurth, 1944 zur Deutschen Wehrmacht einberufen wurde, betraute er Marianne Lunzer-Lindhausen mit der stellvertretenden Leitung des Instituts. 1954 erwarb Lunzer die Venia legendi für Zeitungswissenschaft. 1965 wurde sie für ihre wissenschaftlichen Leistungen mit dem Theodor- Körner-Förderungspreis ausgezeichnet. Ende 1981 übernahm sie nach dem Tod von o. Univ. Prof. Dr. Kurt Paupie die Leitung des Instituts. Diese Funktion nahm sie – inzwischen zur tit. O. Univ. Prof, ernannt – bis zu ihrer Emeritierung Anfang 1985 mit großer Verve und Erfolg wahr. Mit ihrem Charisma und unermüdlichem Einsatz gelang es ihr, die Position des Instituts innerhalb der damaligen „Grund- und integrativwissenschaftlichen Fakultät“ erheblich zu verbessern.

Diese Skizze ihrer Karriere lässt Marianne Lunzer- Lindhausens Bedeutung für das Wiener Publizistik-Institut schon erahnen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als die Schließung des Instituts drohte, wurde Lunzer, die als einzige unbelastete Person am Institut verblieben war, zur prägenden Gestalt. Dank ihres Engagements konnten die Institutsräume in der Hessgasse 7 im I. Wiener Gemeindebezirk der Universität erhalten bleiben. Die zerstörten Institutseinrichtungen wurden wiederhergestellt und ab dem Sommersemester 1946 konnte der Lehrbetrieb wieder kontinuierlich erfolgen.

Lunzer hat in ihrer Lehre das gesamte Spektrum der Medien- und Kommunikationsgeschichte abgedeckt. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassten neben Flugblättern der Reformationszeit vor allem Fragen des Parteienjournalismus, der Pressefreiheit, der Medienpolitik, der Zeitschriftenentwicklung, im Speziellen der Frauenzeitschriften sowie der Frau als Leserin. Dabei war es ihr weniger wichtig, nach außen hin präsent zu sein, sondern nach innen zu wirken. Ihre Forschungsergebnisse stellte sie direkt in den Dienst der Lehre. Sie suchte die direkte Kommunikation mit Studierenden. Legendär waren ihre Seminare und Forschungspraktika sowie ganz besonders ihre Dissertationsseminare. Gemäß dieser Haltung erwarb Lunzer ganz besondere Verdienste bei der Betreuung ihrer Dissertantinnen und Dissertanten, insgesamt 230. Dabei förderte sie die individuellen Forschungsinteressen der Doktorandinnen und Doktoranden. Ihre Absolventinnen und Absolventen nehmen Top-Positionen im ORF und in der Qualitätspresse, in Agenturen und Unternehmen ein, sie haben Karriere gemacht und „ihre Frau Professor“ nicht vergessen. Im Gegenteil: Viele Kontakte sind nach wie vor aufrecht und regelmäßige Treffen mit „ihren Jungen“ legen davon beredtes Zeugnis ab. Marianne Lunzer war nicht nur eine engagierte „Doktormutter“, sie ermutigte und unterstützte vehement auch die Karrieren der Nachwuchswissenschafter am Institut.

Es ist Marianne Lunzer-Lindhausen zu danken, dass die Medien- und Kommunikationsgeschichte zum unverzichtbaren Bestandteil der Lehre und Forschung am Wiener Institut geworden ist. Ein international sichtbares Zeichen für den Erfolg dieser Bemühungen war die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, die im Jahr 1986 zum Thema „Wege zur Kommunikationsgeschichte“ in Wien stattgefunden hat. Mit nahezu 800 Seiten entstand daraus der umfangreichste Berichtsband in der langen Geschichte der DGPuK. Und – an dieser Stelle sei es angemerkt – bei dieser Tagung wurde auch das erste Heft der Zeitschrift medien & zeit präsentiert. Die Ausgaben 2 und 3 des Jahrgangs 2009 von medien & zeit behandeln Themenfelder, mit denen sich Marianne Lunzer-Lindhausen im Laufe ihrer Karriere besonders gerne beschäftigt hat. Wir widmen ihr diese mit unseren herzlichen Glückwünschen zum Geburtstag.

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