Einleitung:
Männerforschung – Hinführung
Männerforschung beziehungsweise Männlichkeitsforschung, die sich mit dem Geschlechtswesen Mann beschäftigt, ist eine junge und nach wie vor wenig beachtete wissenschaftliche (Teil-)Disziplin. Bührmann und Wöllmann vergleichen etwa den Stellenwert der Männerforschung innerhalb der Geschlechterforschung mit jenem sogenannter „Sonderthemen“ der Gender Studies wie Queer, Gay oder Lesbian Studies (Bührmann, Wöllmann, 2006, S. 180-193). Universitäre Geschlechterforschung ist de facto vielerorts Frauenforschung, die von Frauen betrieben wird. Für diese Asymmetrie lassen sich verschiedene Gründe finden, die unmittelbar mit dem Gegenstand der Männerforschung verbunden sind. „Aus der Position derjenigen, die zuerst einmal von einem patriarchalen System profitieren, das wichtigste Mittel zur Ausgestaltung der Individualität wie Bildung und Beruf in erster Linie für Männer reserviert, kommt es diesen überhaupt nicht in den Sinn, die Geschlechterfrage zu problematisieren”, schreibt Holger Brandes (2002, S. 15) in einem Überblick zur Männerforschung.
Aus einer anderen Perspektive lassen sich im Grunde die gesamten Geistes- und Sozialwissenschaften als Männerforschung begreifen, da großteils Forschung von Männern für Männer betrieben wurde. Diese geschlechtsblinde Wissenschaft klammerte jedoch nicht nur „die Anderen“ – sprich Frauen, sondern auch das scheinbare Neutrum Mann aus. Eine kritische Männlichkeitsforschung rückt Männer als Geschlechtswesen in den Blickpunkt: „Nachdem der Mann nicht länger ein unanfechtbares Konstrukt verkörpert, sondern als variables Bündel kultureller Normen begriffen wird, ist die Zeit reif, Maskulinität auch wissenschaftlich zu thematisieren, nun als eine Vielzahl möglicher Maskulinitäten”, so Therese Frey Steffen (2006, S. 84).
Während sich die Männlichkeitsforschung im deutschsprachigen Raum erst Mitte der neunziger Jahre zu etablieren begann, entstanden die ersten Arbeiten unter dem Label men’s studies bereits Ende der siebziger Jahre in den USA und Großbritannien (Meuser, 2006, S. 91-96). Den Ausgangspunkt bildete die Emanzipation der Frau und die damit einhergehende Auflösung „scheinbar natürlicher Geschlechterdifferenzen und -hierarchien“ (Frey Steffen, 2006 S. 84) . Aufgrund des brüchig Werdens Jahrhunderte langer männlicher Selbstverständlichkeit wurde die viel beschworene „Krise der Männlichkeit“ ausgerufen und in zahlreichen Studien nach dem „neuen Mann“ gesucht. …