Einleitung: Nach jahrelanger Vorbereitung in der Abgeschiedenheit diverser Versuchslabors gibt der österreichische Rundfunk Anfang 1955 bekannt, daß mit dem Beginn eines regulären Femsehbetriebs zu Weihnachten 1956 gerechnet werden könne. Man verspricht ab dann ein mit 20 Wochenstunden relativ hoch veranschlagtes Programm zu bieten, bis dahin sende man ein „Versuchsprogramm“, heißt es. Darüber hinaus hält man sich eher bedeckt. Seitens der österreichischen Filmwirtschaft wird kritisiert, daß es keinerlei klare Stellungnahmen zur Zukunft des österreichischen Fernsehens gibt, geschweige denn zu Folgeproblemen, wie sie das Fernsehen aufwerfen werde (Österreichische Film- und Kino-Zeitung, 1955, Nr. 449, S. 1.). Eine wichtige Ursache dafür vermutet man in der zersplitterten Kompetenzverteilung: für die technischen Fragen ist das Verkehrsministerium (beziehungsweise die Post und Telegrafenverwaltung) zuständig, für das Programm das Unterrichtsministerium und für die Beschaffung von Filmen und Femsehkonserven das Handelsministerium. Die Frage der Finanzierung der modernen Studioeinrichtung, der Programmproduktion, aber auch der vielen noch zu bauenden Senderrelaisstationen, die im gebirgigen Österreich unverzichtbar sind, harrt noch ihrer Beantwortung. Bekannt ist lediglich, daß 50 Millionen Schilling aus dem Budget bereitgestellt werden sollen, man fragt sich aber, wer die in weiterer Folge anfallenden Programmkosten von geschätzten 1.800 Schilling pro Minute bezahlen wird. Der Teilnehmer falle als Finanzier bis auf weiteres aus, wird argumentiert; nicht nur hohe Gerätepreise von 6.000 bis 8.000 Schilling, auch die zu erwartenden Femsehgebühren, die laut Fachleuten weit höher sein würden als angenommen, sprechen gegen eine rasche Verbreitung des Fernsehens in Österreich. Andererseits habe man in anderen Ländern mit reinem Reklamefernsehen, das eines entwickelten, auf Konsum basierenden Wirtschaftssektors bedarf, schlechte Erfahrungen gemacht, sodaß auch diese Option im nach wie vor ärmlichen Österreich nicht allzu vielversprechend sei. Man verwehrt sich jedenfalls strikt dagegen, daß die der Lichtspielbranche herausgepreßten Steuermittel dafür verwendet würden, das Fernsehen zu finanzieren und mit ihm eine Konkurrenz heranzuziehen (Österreichische Film- und Kino-Zeitung, 1955, Nr. 442, S. 1.). …