Elisabeth Klaus: Medien und Geschlecht Theoretische und methodische Perspektiven

Einleitung: Die kommunikationswissenschaftliche Frauenforschung hat sich im deutschsprachigen Raum relativ spät entwickelt. Die ersten wissenschaftlichen Arbeiten in der Bundesrepublik Deutschland, die sich mit der Stellung von Frauen im Medienbetrieb und dem Frauenbild der Medien beschäftigten, wiesen nach, wie selten Frauen als Subjekte und Objekte der Medien Vorkommen. So zeigte Erich Kiichenhoff in seiner 1975 veröffentlichten Studie, dab das Frauenbild im Fernsehen verzerrt ist (Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit 1975). Christiane Schmerl konnte neun Jahre später dieses Ergebnis für andere Medienbereiche verallgemeinern, als sie die Fülle der bis dahin vorliegenden Detailstudien über das in den Medien vermittelte Frauen- und Mädchenbild zusammenfaßte (Schmerl, 1984). Irene Neverla und Gerda Kanzleiler schließlich belegten in der ersten umfassenden Kommunikatorinnenstudic die marginale Rolle von Frauen im Männerberuf Journalismus, auf die zuvor schon Barbara von Becker (1980) aufmerksam gemacht halte (Neverla 1980).

Zusammen mit dem ebenfalls von Christiane Schmerl herausgegebenen Sammelband In die Presse geraten legten diese Studien das Fundament für die eigenständige Entwicklung der Frauenforschung in den Kommunikationswissenschaften (Schmerl 1985). Diese hat in den letzten Jahren einen Entwicklungssprung gemacht und ist heule ein bedeutender, wenn auch nur bedingt institutionell anerkannter, Bestandteil der Disziplin. Das belegen auch zwei kürzlich erschienene Bibliographien (Fröhlich & Holz-Bacha, 1993). Während zunächst der Nachweis von Diskriminierung im Mediensystem die ungeteilte Aufmerksamkeit der Forschung fand, fragen neuere Publikationen stärker nach Frauen als handelnden Subjekten in den Massenmedien. Mit dieser Entwickung wurde und wird für die Kommunikationsforschung ein Weg nachgezeichnet, der in der Frauenforschung seit mehr als einem Jahrzehnt mit Erfolg ausprobiert wird. Dort vollzog sich eine Entwicklung fort vom Defizitansatz hin zu einem Forschungsprogramm, in dem Gleichheit und Differenz keine Gegensätze bilden. Dagegen steht die umfassende Rezeption einer weiteren Entwicklung feministischer Wissenschaft noch aus, die in der englischsprachigen Kommunikationsforschung bereits seit einigen Jahren reflektiert wird: die Veränderung der Frauenforschung hin zur feministischen Geschlechterforschung (vgl. zB. Neverla 1992). …