Eine Antwort von Jürgen Wilke

Einleitung
Die gestellte Frage schließt an das Wiener Symposium „Wege zur Kommunikationsgeschichte“ vom Mai 1986 an. Sie ist naheliegend und berechtigt, weil der Wert einer solchen Veranstaltung nicht nur in dieser selbst besteht, sondern auch in den Konsequenzen, die sich langfristig aus ihr ergeben. Wissenschaftliche Fachtagungen können ja für die weitere Forschung wegweisende Funktion haben, zumal wenn sie durch einen so umfänglichen Sammelband dokumentiert werden.

Um ein altes, der Publizistikwissenschaft vertrautes Bild zu gebrauchen: Tagungen dieser Art sind „Spiegel“ und „Organ“ zugleich. Sie bündeln nämlich, was sich auf einem bestimmten Gebiet in der Forschung tut, und sie steuern andererseits die weitere Entwicklung von Forschungsinteressen und -aktivitäten. Insofern kommt ihnen auch eine durchaus forschungspolitische Bedeutung zu.

Allerdings ist hier eine nüchterne Betrachtung angebracht. Denn so imponierend es ist, die Breite kommunikationsgeschichtlicher Ansätze in dem Wiener Tagungsband versammelt zu sehen: Nicht von allen Autoren wird man weitere systematische Beiträge zur Kommunikationsgeschichte erwarten können. In einer ganzen Reihe von Fällen dürfte es sich eher um „Ausflüge“ in diesen Forschungsbereich gehandelt haben, was keineswegs abwertend gemeint ist.

Auf die inhaltlichen Perspektiven der Wiener Tagung möchte ich hier nicht eingehen, zumal ich dazu selbst einiges in meinen dortigen zwei Referaten gesagt habe. Vielmehr scheint es mir wichtig, auf notwendige praktische Konsequenzen hinzuweisen. Die Zukunft der Kommunikationsgeschichte hängt wesentlich davon ab, ob es gelingt, ihr dauerhaft und systematisch Forschungsenergie zuzuführen. Dazu bedarf es m. E. vor allem einer organisatorischen Grundlage. Auch kommunikationsgeschichtliche Untersuchungen wird man mehr und mehr in Form von Projekten durchführen müssen. Ohne institutionelle Fundierung wird es einen „Erkenntnisschub“ kaum geben können. …