Wolfgang Pensold: Vom Staatskanzler zum Medienkanzler… Drei Dogmen im medienpolitischen Diskurs der SPÖ nach 1945.

Einleitung: 

Konzentration, oder: die Zwänge des Staates

„Am Anfang war das Nichts“, schreibt der sozialistische Journalist Jacques Hannak über die Geburtsstunde der Zweiten Republik: „Als das Dritte Reich im April 1945 in Rauch und Trümmern versank, war der Buchstabe tot, kein Papier, keine Druckerei, kein Hauch von Information, keine Stimme, die sagen hätte können, was uns geschehen war und wie es nun werden sollte. Indem und indes es keine Zeitungen mehr gab, war die menschliche Gesellschaft in Atome zerfallen, lösten sich alle Kontakte, reichten Bindungen und Gemeinschaften kaum noch über die Haustüre hinaus. Höhlenmenschen waren alle wieder geworden, angewiesen auf Gerüchte, Vermutungen, Hoffnungen und Ängste, Phantasieprodukte der Selbstbelügung. In diesen Wochen des Nichtvorhandenseins der Presse spürte man erst ihre ungeheure soziale Bedeutung und Mission“ (Hannak, 1963, S. 327).

Kriegsende, Zusammenbruch des Hitlerstaates, Stunde Null, wie man künftig sagen wird. Das Land liegt darnieder, es herrscht quälende Ungewißheit darüber, was nun kommen wird. Die wiedererscheinenden Zeitungen – die erste ist das sowjetische Besatzerblatt Österreichische Zeitung – finden reißenden Absatz, nicht zuletzt, weil es sonst kaum etwas zu kaufen gibt. Als erste österreichische Zeitung erscheint am 23. April 1945 das Neue Österreich unter Mitarbeit von Redakteuren aus den „drei demokratischen Parteien“ SPÖ, ÖVP und KPÖ. Zum Chefredakteur wird der aus Moskau zurückgekehrte Kommunist Ernst Fischer bestellt, der bereits vor dem Krieg Redakteur der Arbeiter-Zeitung gewesen ist; eine Bestellung, die wohl als Demutsgeste vor der sowjetischen Besatzungsmacht gelesen werden kann. …