Einleitung
Seit nunmehr genau vierzig Jahren kämpft sie um ihre Rehabilitierung; 1949 als „Mitläufer“ eingestuft und – nach einem neuerlichen Verfahren – 1952 als „nicht belastet“, amnestisiert, strengt Leni Riefenstahl verbissen Prozeß um Prozeß an, um ihre Vergangenheit ungeschehen zu machen.
„Mich hat das Gewöhnliche, Mittelmäßige nie interessiert. Ich war stets von der Leidenschaft für das Absolute und die Perfektion besessen.“ Unumstritten außergewöhnlich, gemessen am üblichen Lebensweg einer Bürgerlichen der Weimarer Republik, verlief auch die Karriere der Leni Riefenstahl:
Am 22. August 1902 in Berlin geboren, versucht Berta Helene Amalie Riefenstahl bereits früh die bürgerliche Enge des Elternhauses zugunsten der Theaterwelt zu verlassen. Erst besucht sie die Kunstakademie, doch schon kurze Zeit später nimmt sie Ballettunterricht bei Mary Wigman, Jutta Klamt und der Eduardowa. Alle Welt feiert zu dieser Zeit den expressionistischen, aller herkömmlichen Tanzregeln baren Stil einer Isadora Duncan – und ganz Berlin jubelt der ehrgeizigen, kaum zwanzigjährigen Riefenstahl zu, wenn sie im durchscheinenden Chiffonkostüm den neuen Ausdruckstanz zelebriert. Internationaler Erfolg scheint sich anzubahnen, als Leni Riefenstahl kurz hintereinander Solovorstellungen in München, Zürich und Prag gibt, jedoch beendet eine Knieverletzung 1926 abrupt jede weitere Aussicht auf eine Ballettkarriere. Ungebrochen, mit der sie kennzeichnenden Unnachgiebigkeit und Sturheit stürzt sich die Riefenstahl in ein völlig neues Metier: Von den Bergfilmen Dr. Arnold Fancks begeistert, bemüht sie sich erfolgreich um ein Treffen mit dem Filmer, der, beeindruckt von der Zielstrebigkeit der jungen Frau, Leni Riefenstahl noch im gleichen Jahr zur Hauptdarstellerin in seinem Film „Der heilige Berg“ macht. Mit unglaublichem Einsatz lernt die auf diesem Gebiet bisher völlig unerfahrene Riefenstahl Skilaufen und Bergklettern und wird mit den folgenden vier Bergfilmen: „Der große Sprung“ (1927), „Weiße Hölle am Piz Palü“ (1929), „Stürme über dem Montblanc“ (1930) und „Der weiße Rausch“ (1931) zum Inbegriff der romantisch-mystischen Naturverklärung der präfaschistischen Zeit. Pro-Nazitendenzen in diesen Filmen erkennt auch die amerikanische Filmkritikerin Susan Sontag: „Das Bergklettern in Fancks Bildern war eine visuell unwiderstehliche Metapher für grenzenloses Streben nach dem schönen und zugleich furchterregend hohen, mythischen Ziel, ein Streben, das sich später im Führerkult konkretisieren sollte.“ …