Horst Knapp: Journalist sein um 1948 … Antworten zur Rundfrage "Österreichischer Journalismus um das Jahr 1948"

Einleitung: Wenn der Tod viereinhalb Jahrzehnte lang Zeit gehabt hat, die Reihen derer zu lichten, die um 1948 eben aus dem Krieg oder aus der Gefangenschaft (nur ganz vereinzelt aus der Emigration) heimgekehrt waren – weibliche Wesen begannen zumindest in jenen Pressekonferenzen, die ein Wirtschaftsjournalist besucht, erst viel, viel später aufzutauchen -, werden nichl allzu viele Kollegen das Geständnis ablegen können, schon anno 1948 Journalist gewesen zu sein. Ein Geständnis, das in meinem Fall hieße, noch dieselbe Präpotenz an den Tag zu legen wie damals, als ich Ende 1948 oder Anfang 1949 in einem Kurs für angehende Journalisten, abgehalten irgendwo nahe dem Wiener Getreidemarkt und bestritten von den damaligen Chefredakteuren des Wiener Kurier, des Neuen Österreich usw., das uns aufgegebene Thema „Warum ich Journalist werden will“ stolzgeschwellt abwandelte in „Wie ich Journalist wurde.“

In der Endrunde eines langen Berufslebens (das mich allerdings nie wieder so nahe an den „echten“, nämlich an den mit Nachrichten hantierenden Journalismus herangebracht hat wie meine Anstellung bei United Press in den Jahren 1946 bis 1950) formuliere ich den Titel besser um: Nicht Journalist sein, sondern Journalist werden um 1948…

Absehen kann ich dabei von meinem Brotberuf („Brotberuf“ auch in durchaus wörtlichem Sinn, denn das monatliche Care-Paket besserte das bescheidene Gehalt wesentlich auf) bei United Press – damals noch ohne den Fusionszusatz „International“ -, denn rekrutiert hatte UP im April 1946 das Personal kurzerhand einen Stock tiefer im Amerikanischen Nachrichtendienst (beide waren im heutigen Kurier-Haus in der Seidengasse angesiedelt), und von unserer dortigen Arbeit als Übersetzer unterschied sich die neue „Rcdakteurs“- Tätigkeit nur dadurch, daß wir den deutschen Text der „incoming news“ nicht in extenso auf der Schreibmaschine hcrunterklapperten, sondern auszugsweise in die Maschine diktierten. Weil das direkt auf die Wachsmatrize geschah, mußten wir vier – einer davon hieß übrigens Richard Nimmerrichter – bloß die Fähigkeit zum druckreifen Formulieren, aber sonst kaum irgendwelche journalistischen Talente mitbringen. (Mit den „outgoing news“ kamen wir nur ein einziges Mal in Berührung, und daran erinnere ich mich mit Schaudern: Als cs im Herbst 1948 mit Franz Lehar zu Ende ging, hatte jeder von uns in seiner Schicht in Ischl anzurufen, nur damit UP die Todesmeldung früher bringt als AP oder Reuters. Wie ungemein peinlich, wenn Lehar selbst den Hörer abnahm…).

Aber auch sonst war es damals – mir zumindest – nicht schwer gefallen, Journalist zu werden.

Genauer: freier Mitarbeiter oder (was mich betrifft, nur widerwillig) Pauschalist. Das dafür aber bei möglichst vielen Blättern gleichzeitig, weil die Honorare kläglich waren. Ein paar konkrete Beispiele gefällig? …