Einleitung: Im Jahre 1948 war ich Redakteur im „Österreichischcn Wirtschaftsverlag“, dem Verlagsunternehmen des Wirtschaftsbundes der ÖVP. Er gab die heute noch existierende Wochenzeitung Die Wirtschaft sowie mehrere ebenfalls noch erscheinende gewerbliche Fachzeitungen heraus. Da ich bereits in meiner Mittelschulzeit entweder Journalist oder Mittelschulprofessor für Deutsch und Geschichte hatte werden wollen, inskribierte ich nach meiner Rückkehr aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft im Februar 1946 im Alter von knapp 22 Jahren an der Wiener Universität die Fächer Deutsch, Geschichte, Kunstgeschichte und Zeitungswissenschaft. Konkrete Vorstellungen, wie ich meine Berufspläne realisieren sollte, hatte ich noch keine. Das Institut für Zeitungswissenschaft, wie es damals hieß, war in der Renngasse untergebracht. Geleitet wurde es von Eduard Ludwig, der vor 1938 Chef des Bundespressedienstes gewesen und nach der nationalsozialistischen Machtergreifung ins Konzentrationslager gekommen war. Nach 1945 wurde er Nationalratsabgeordneter der ÖVP und Honorarprofessor für Zeitungswissenschaft.
Ludwig sagte eines Tages am Ende seiner Vorlesung, daß ein wirtschaftlicher Fachverlag Redakteure suche und daß sich Studenten in höheren Semestern bei ihm melden mögen; er werde ihnen sodann sagen, an wen sie sich zu wenden hätten. Da ich damals noch im ersten Semester war, meldete ich mich nicht bei Ludwig, doch ein älterer Student, der von ihm erfahren hatte, er solle zu Sektionsrat Dr. Fous im Handelsministerium, der gleichzeitig Geschäftsführer des Wirtschaftsverlages war, gehen, bat mich, ihn bei dieser Vorsprache zu begleiten. Wir gingen also zusammen ins Handelsministerium, das damals noch am Schwar- zenbcrgplatz in jenem Gebäude untergebracht war, in dem sich heute Teile von Raiffeisen befinden, und sprachen bei Dr. Fous vor, der in einer für die damalige Aulbauzeit typischen, für heutige Begriffe aber ungewöhnlichen Personalunion Beamter im Handelsministerium und Geschäftsführer eines Verlages war. Fous fragte nicht weiter nach unseren Qualifikationen, sondern schickte uns in die Redaktion des „Österreichischen Wirtschaftsverlages“, die damals im Stockwerk des Hauses Bankgasse I untergebracht war. Heule befindet sich die Redaktion in einem verlagseigenen Haus samt Druckerei in der Nikolsdorfergasse. …