Wolfgang Pensold: Nazi-Nibelungen Juden- und Germanenbilder im „III. Reich“

Einleitung: Im Wien der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg war der junge Braunauer Beamtensohn Adolf Hitler mit den germanisch-antisemitischen Wahnvorstellungen des gescheiterten Ordensbruders und selbstgeadelten Rassensektierers Georg Lanz von Liebenfels in Berührung gekommen (s. Wilfried Daim: Der Mann, der Hitler die Ideen gab. Von den religiösen Verirrungen eitles Sektierers zum Rassenwahn des Diktators. München 1958.), die sein Weltbild zweifellos in besonderer Weise prägten. Die Degeneration des blonden, blauäugigen „Ariers“ durch die Vermischung mit „Minderrassigen“, wie sie der verschrobene Zeitgenosse Liebenfels in seinen „Ostara“-Heften beklagt hatte, findet sich in ihren wesentlichen Zügen auch beim späteren Hitler.
Nach Hitlers Mein Kampf war der „Arier“ schlichtweg der „Begründer höheren Menschentums überhaupt“, „der Prometheus der Menschheit, aus dessen lichter Stirne der göttliche Funke des Genies zu allen Zeiten hervorsprang“ (Adolf Hitler: Mein Kampf. München 1942, S. 317).  Demgegenüber beschrieb er den Juden lediglich als „Parasiten“: „Er ist und bleibt der ewige Parasit, ein Schmarotzer, der wie ein schädlicher Bazillus sich immer mehr ausbreitet, sowie nur ein günstiger Nährboden dazu einlädt. Die Wirkung seines Daseins aber gleicht ebenfalls der von Schmarotzern: wo er auftritt, stirbt das Wirtsvolk nach kürzerer oder längerer Zeit ab.“ (ebd., S. 334)

Lanz von Liebenfels symbolisierte seine abstruse Lehre bereits mit dem Hakenkreuz, worin er seine Nachahmer fand. Nach dem Ersten Weltkrieg entdeckten diverse Freikorpsverbände dessen Symbolkraft für sich. Unter dem Hakenkreuz wandten sich die ruhelosen Landsknechte, denen der Krieg zum einzigen Lebensinhalt geworden war, gegen Juden und Zigeuner, aber auch gegen Marxisten, Pazifisten und Intellektuelle. Ebenfalls ein Gestrandeter des Krieges, der dem bürgerlichen Dasein nichts mehr abzugewinnen vermochte und sein Heil einzig in der Wiederauflage des verlorenen „Weltkrieges“ sah, machte Hitler schließlich das einschlägig beladene Zeichen zum alles überstrahlenden Symbol seines „III. Reiches“, in dessen Mission „für den Sieg der arischen Rasse“ (Adolf Hitler: Mein Kampf, S. 557) sich Rassenkult und Kriegsmythos zu einer letalen Obsession verbanden…