Einleitung: Beschäftigt man sich mit österreichischer Kommunikationsgeschichte, so fällt einem die Fülle an Biographien über österreichische Journalisten auf. Namen wie Moriz Benedikt, Karl Kraus, Alfred Polgar oder Joseph Roth sind auch dem breiten Publikum ein Begriff und nicht nur einem kleinen Kreis von Kommunikationshistorikern. Der Zeitraum ihres Wirkens – das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert – kann mit Recht als „Blütezeit“ des österreichischen Journalismus bezeichnet werden.
Betrachtet man die Sache jedoch etwas genauer, so bemerkt man das Fehlen weiblicher Namen in der Riege berühmter Journalisten. Manchem mögen die Namen Käthe Leichter oder Therese Schlesinger ein Begriff sein, darüberhinaus sind aber kaum noch andere Journalistinnen in der Öffentlichkeit bekannt.
Schlimmer noch – nicht einmal in der Fachwelt ist das Wissen über österreichische Journalistinnen um vieles größer.
In diesem Bereich herrscht ein klares Forschungsdefizit, das erst in den letzten Jahren langsam verringert wird. Wie eklatant zum Beispiel dieses Defizit am Wiener Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschalt ist, zeigt eine Aufstellung der Diplomarbeiten und Dissertationen. Seit der Eröffnung des Instituts im Mai 1942 bis zum Jahre 1985 (Bobrowsky, 1986) wurden rund sechzig Einzelbiographien verfaßt – zwei davon über Frauen.
Der Forschungsstand verzerrt den tatsächlichen Anteil, den Frauen zu dieser Zeit am österreichischen Journalismus hatten. So schrieben zum Beispiel insgesamt 76 Frauen in den Jahren 1889 bis 1934 allein für die Wiener Arbeiter-Zeitung. Gemeinsam veröffentlichten sie in diesem Zeitraum 653 Artikel.
Als ich im November 1990 mit den Nachforschungen zu meiner Diplomarbeit über Klara Mautner begann, war außer ihrem Namen und einer Aufstellung ihrer Artikel für die Wiener Arbeiter-Zeitung für die Jahre 1915-1931 nichts bekannt. Das war umso unverständlicher, als diese Aufstellung rund sechzig Artikel umfaßte. Bald zeigte sich, daß Klara Mautners Leben unverdientermaßen in Vergessenheit geraten war. Rund zweihundert Artikel verfaßte sie allein für die Arbeiterzeitung, für die sie fast ihr ganzes Leben lang tätig war. Darüberhinaus veröffentlichte sie auch mehrere Artikel in der Neuen Freien Fresse, dem Neuen Wiener Tagblatt, in Der Abend und in der Zeitung Arbeiterwille. Klara Mautner war weitgereist und hochgebildet. Sie schaffte es, die Ausübung eines interessanten Berufes mit einer lebenslangen glücklichen Partnerschaft zu verbinden. Besonders interessant an ihrem journalistischen Schaffen ist der hohe Anteil autobiographischer Artikel. Er erlaubt einen tieferen Einblick in ihr Leben und ihre Zeit als es allein durch die Darstellung der biograpischen Daten möglich gewesen wäre; Klara Mautners Leben war mit ihrem Journalismus untrennbar verbunden. …