Einleitung: Theorien zur Kommunikationsgeschichte entwerfen zu wollen, ist kühn. Denn sie sollten all das, was bisher nicht theoriegeleitet, aber doch irgendwie Kommunika- tionsgeschichte war, in sich vereinigen und gleichzeitig über die engen Grenzen, die manche Arbeit der Kommunikationsgeschichte bis jetzt noch zieht, hinausweisen. Dazu bedarf es prinzipiell eines neuen Verständnisses.
Die Kommunikationsgeschichte ist eine generelle Wissenschaft, sie könnte mehr leisten als Ereignisgeschichtsschreibung und mehr beanspruchen als die positivistische Sozialwissenschaft. Die meisten bisherigen Verfahrensweisen haben sich mit einem der beiden Paradigmata begnügt, waren daher als Kommunikationsgeschichte mißverstandene Historiographie beziehungsweise sozialwissenschaftliche Analysen, methodenzentriert und nicht immer theoriegeleitet. Eine Überwindung dieser Polarität hätte längst stattfinden sollen, auch wenn dadurch die Größe des Untersuchungsfeldes auch beim Einzelphänomen und die Anzahl der zu berücksichtigenden intervenierenden Variablen zugenommen hätte. Eine adäquate Untersuchungsform ist aber nur durch Interdisziplinarität zu erreichen.
Diese bildet ein wesentliches Merkmal einer breiter ausgelegten Kommunikationsgeschichte, und zwar einer tatsächlichen und keiner optierten. Einzig im interdisziplinären Arbeiten fänden Kommunikationshistoriker den Zugang zu einem Problemfeld, das ihrer Wissenschaft entspräche. Wenn Winfried B. Lerg (1992) diese Interdisziplinarität als Idealposition bezeichnet, die „nur unter den Bedingungen der Teamforschung einzulösen“ sei, dann kann es darauf nur eine Antwort geben: Kommunikationsgeschichte ist Teamarbeit. Komplexere Probleme kommunikationsgeschichtlicher Forschung sind zu umfangreich, um von einem Forscher alleine, und sei er auch noch so eifrig, gelöst zu werden. Ähnliches hatte bereits Gerhard Jagschitz in seinem Beitrag zum Sammelband Wege zur Kommunikationsgeschichte als abschließendes Aviso notiert, indem er für „interdisziplinäre Teams“ plädierte: „Die Zeit der einsamen Genies in ihren Studierstübchen ist vorbei“ (Jagschitz, 1987), sie sollten sich neben ihrer wissenschaftlichen Kompetenz auf ihre kommunikative Kompetenz besinnen. …