Editorial 2/2015 Ansichten des Pornografischen

Mit der vorliegenden Ausgabe widmet sich medien & zeit vorsätzlich einem sensiblen Thema: Unter dem Titel „Ansichten des Pornografischen“ wird das Forschungsfeld der Pornografie unter medienhistorischen Bedingungen und Herangehensweisen abgesteckt und befragt. Pornografie ist gewiss ein Reizwort, gar zu schnell ist man eher mit persönlichen Ansichten und moralischen Wertungen konfrontiert, denn mit sachlichen Auseinandersetzungen und reflektierten Analysen. Insbesondere die Betrachtung historischer Entwicklungen und gegenwärtiger Herausforderungen macht aber deutlich, wie sehr die Pornografie in der Gesellschaft verankert ist. Kampagnen der Unterdrückung oder auch des generellen Verbots erwiesen sich stets als Sackgasse. Bis heute werden Restriktionen postuliert, die insbesondere auf Schutz von Kindern und Jugendlichen pochen, ohne dabei auf ihre Lebensrealität oder Medienkompetenz einzugehen. Die Herausforderungen der Pornografie an Gesellschaft und Wissenschaft lassen sich nicht nach einem simplifizierenden Gestus des „Entweder – Oder“ adressieren oder gar dauerhaft bewältigen. Die Auseinandersetzung mit der Pornografie darf aber – und das ist für die angestrebte Betrachtung des Gegenstandes nicht weniger wesentlich – einfach durch die Beschäftigung zu einer ebenso eindimensionalen Haltung umfassender Nobilitierung verführen. In Zeiten einer hypersexualisierten Medienwelt und einer Allgegenwart bzw. gesteigerten Verfügbarkeit visueller Verbrauchsgüter pornografischen Zuschnitts braucht es eine wissenschaftliche Perspektive auf die Pornografie, es braucht, provokant formuliert, wohl weniger pornografische Blickwinkel, denn vielmehr Ansichten des Pornografischen. Der logische Rückgriff auf die Möglichkeit nach der Definition bzw. Definierbarkeit von Pornografie konfrontiert die Fragenden – wollen sie der etymologischen Definition der Hetärengespräche ausweichen oder sie unter gegenwärtigen Bedingungen aktualisieren – mit dem Umstand, weniger einen umkämpften Begriff sprachlich und diskursiv dingfest machen zu können, sondern sich inmitten eine heftigen Begriffsdebatte, die von ihren sozialen, juristischen, politischen, ästhetischen usw. Kontexten nicht abzulösen ist, zu begeben.
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