Klaus Kienesberger: Sepp Plieseis Deutung und Umdeutung einer Partisanen-Biographie

Einleitung:

„Plieseis war ein gescheiter Bursche, nur dass er halt so versessen war auf den Kommunismus, auf das Regime, das wird die Zukunft der Welt! Er hat schon einiges davon erzählt, aber auch nicht zuviel, damit, wenn einer einmal erwischt würde und ausgefragt würde, dass er auch da nicht zuviel gewusst hätte.“

Karl Feldhammer, ehemaliges Mitglied der Partisanenbewegung im Salzkammergut erinnert sich im Zuge eines Interviews mit Peter Kammerstätter an Sepp Plieseis, den Kopf der dort von 1943 bis 1945 aktiven Partisanenbewegung. Leopoldine Aster, zu dieser Zeit eine der Unterstützerinnen, spinnt andere Assoziationen: „Zu Plieseis: wir waren damals junge Dirndl, er hat uns gefallen. Er war ein fescher Kerl. Mehr war nicht.“ Denn: „Die politische Einstellung, Politik, hat uns nicht interessiert (…).“

Das Leben dieses Sepp Plieseis war ereignisreich, ja mit Sicherheit auch spannend und gefährlich. Er war Sozialdemokrat, Kommunist, Spanienkämpfer, KZ-Häftling, Partisanenkämpfer, Exekutivorgan und letztlich kommunistischer Funktionär. Im Jahr 1946 erschien unter seinem Namen eine Biographie mit dem Titel „Vom Ebro zum Dachstein.“ Verfasst hat Plieseis den Text in Zusammenarbeit mit dem deutschen Schriftsteller Rudolf Heinrich Daumann.

Mehr als 20 Jahre ruhten die Erlebnisse Plieseis’, dann griff ein DDR-Schriftsteller namens Julius Mader den Stoff auf und brachte „Vom Ebro zum Dachstein“ unter dem Titel „Partisan der Berge“ neu heraus. Neben kleinen sprachlichen Änderungen, um den Text für den DDR-Markt lesbarer aufzubereiten, stechen bei genauerer Analyse auch inhaltliche Veränderungen ins Auge, die Mader am Ursprungstext vorgenommen hat und die Auslöser für harsche Kritik in einem Beitrag im Kommunist („Theoretisches Organ des Kommunistischen Bundes Österreichs“) waren.

Im Jahr 1977 entstand auf Basis des Textes „Partisan der Berge“ eine fiktionale DDR-Fernsehserie, die unter dem Titel „Gefährliche Fahndung“ eine Geschichte im Salzkammergut des Jahres 1975 konstruiert, in der wesentliche Charaktere der Salzkammergut-Partisanenbewegung sowie der auf die „Alpenfestung“ vertrauenden Nationalsozialisten variiert werden.

Sepp Plieseis war Partisane, seine Aufgabe bestand teils darin, zu konspirieren, sich zu verstecken, andere zu tarnen und zu täuschen. Ein Bestreben, das einer einigermaßen durch Daten abgesicherten biographischen Darstellung widerstrebt und bis dato höchst widersprüchliche Eigen- und Selbstdarstellungen produzierte.

Vorliegender Beitrag soll zu einer Problematisierung von Biographien und deren Kommunikation, Um- und Neudeutung sowie deren Fiktionalisierung am Beispiel Sepp Plieseis beitragen und Denk- und Forschungsanstöße liefern. An einer eingehenden Betrachtung dieser spezifischen Thematik wird bereits gearbeitet. …