Susanne Lettwo: Nach der Dekonstruktion Technowissenschaftlicher Antiessentialismus als Herausforderung feministischen Denkens

Einleitung: Wenn auch Feministinnen seit jeher ideologische Auffassungen über ein „Wesen“ der Frau als fixer, unveränderlicher Gegebenheit kritisiert und bekämpft haben, so ist die Auseinandersetzung um den Essentialismus innerhalb des Feminismus ein Charakteristikum der sogenannten “dritten Welle” des Feminismus und der Allianz von Feminismus und Postmoderne seit Beginn der 90er Jahre. Der Vorwurf des Essentia- lismus richtete sich nun vor allem selbstkritisch gegen die bisherigen Verwendungen der “Kategorie Frau” und der Rede von “den Frauen” als handle es sich um ein einheitliches Subjekt mit einer feststehenden kollektiven Identität. “Identitätspolitik” wurde zur Negativ-Bezeichnung für all jene Politiken, die – seien sie feministisch, lesbisch oder ethnisch-kulturell begründet – von einer vermeintlich homogenen Gruppenidentität ausgingen. In Abgrenzung dazu wurde jegliche Identität als sozial bzw. kulturell konstruiert begriffen und einer Dekonstruktion unterzogen. “Konstruktion” und “Dekonstruktion” avancierten zu den wichtigsten Gegenbegriffen zum “Essentialismus” und Judith Butler wurde zur Symbolfigur des feministischen Konstruktivismus – obwohl sie, wie Urte Helduser, Daniela Marx, Tanja Paulitz und Katharina Pühl in der Einleitung zu dem Band under construction? her- vorheben (2004, S. 14), den Begriff der Konstruktion “gar nicht besonders exponiert verwendet”. Der Begriff der Konstruktion war vielmehr zum Zeitpunkt des Erscheinens von Gender trouble (1991), nicht zuletzt auch aufgrund der feministischen Rezeption der Ethnomethodologie (vgl. Maihofer, 2004), bereits weit verbreitet und hat seitdem eine Karriere in der feministischen Theoriesprache gemacht, die weit über Butler hinausreicht. …