Einleitung: Als 1985 Donna Haraways Aufsatz „A Manifeste for Cyborgs“ in der Socialist Review erschien, mit dem sie schließlich bekannt wurde, hatte die Wissenschaftlerin bereits einen langen Weg hinter sich. Nicht so die Erforschung des Cyberspace. Der Begriff selbst war erst im Jahr davor von dem amerikanischen Autor William Gibson in seinem Roman „Neuromancer“ (1984) geprägt worden und hielt von dort aus auch Einzug in die Wissenschaft.
Der Cyborg in Haraways Artikel hatte jedoch nicht viel mit dieser Form der virtuellen Realität zu tun, die damals noch Science Fiction war. Was allerdings sehr wohl in einer visionären Weise angesprochen wurde, war die weltweite Vernetzung, die damals erst begann, das Auflösen von Grenzen, das die Entwicklungen des „Informationszeitalters“ und der modernen Technologie bewirkten und die mögliche Orientierung des Menschen, der nicht mehr nur Mensch war, sondern Teil eines Systems wurde, in das sehr stark nichtmenschliche Akteure Einzug hielten.
Haraway, die 1944 in Denver, Colorado, geboren wurde, begann ihre Karriere eigentlich als Biologin. Ihr Interesse für die Metaphorik, die in wissenschaftlichen Theorien steckt, für die Geschichte wissenschaftlicher Modelle und deren Zusammenhänge sowie für politische und soziale Implikationen der Forschung (vgl. Haraway, 1998) führten sie bald auf den Weg, der sich heute in vielen Disziplinen verzweigt, die sich auf ihre Arbeiten berufen (vgl. z.B. die Vorlesungen: „Körper, Geschlecht, Ethnologie“, gehalten von Univ. Prof. A. Gingrich und Lektor B. Hadolt im Sommersemester 1999 am Institut für Ethnologie der Universität Wien und „Geschlechterkonzeptionen in den Naturwissenschaften“, gehalten von Dr. W. Ernst im Sommersemester 2000 am Institut für Wirklichkeitsforschung der Technischen Universitär Wien). Als Inhaberin des ersten ausdrücklich für feministische Theorie ausgeschriebenen Lehrstuhls am „History of Consciousness Board“ der University of California, Santa Cruz, seit 1980 war es unmöglich, sich intensiver mit den interdisziplinären Verflechtungen zu beschäftigen, denen ihr Interesse von Anfang an gegolten hatte. …