Einleitung: Nach der Neuordnung des österreichischen Mediensystems unter Aufsicht der Besatzungsmächte fand das neue Medium Fernsehen mit wachsendem Wohlstand rasche Verbreitung. Später verpflichtete sich der ORF auf Grundlage des ersten Rundfunkgesetzes vom 10. Juli 19741 mit zwei gleichwertigen Fernsehprogrammen dem öffentlich-rechtlichen Programmauftrag als Vermittler von wichtigen Informationen für die Allgemeinheit zu einer unparteilichen und objektiven Berichterstattung unter Gewährleistung der Meinungsvielfalt und der Berücksichtigung von Minderheiten. Seine Programme sollten laut Gesetzgebung ausgewogen sein, um die verschiedenen Gruppen einer Gesellschaft anzusprechen. Weiters verpflichtete sich der ORF zur Förderung aller Fragen eines demokratischen Zusammenlebens. In Anlehnung an den Auftrag zur umfassenden Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen und sozialen Fragen wurde die Frage nach einem frauenbewegten Fernsehen speziell in den 1970er Jahren laut. Eine Basis für eine Frauenöffentlichkeit in Österreich formten Ereignisse wie das UNO-Jahrzehnt der Frauen, die Entstehung der Neuen Frauenbewegung in Österreich sowie die Frauenbeauftragten der Regierung Bruno Kreiskys.
Was unternahm der ORF, um mit seinem Bildungsauftrag auch der neuen Frauenöffentlichkeit gegenüber gerecht zu werden? Am Beispiel des ORF-Frauenmagazins „Prisma“ unter der Leitung von Trautl Brandstaller wollen wir uns dieser Frage annähern. Zur theoretischen Einbettung des Themas beziehen wir uns auf die kommunikationswissenschaftliche Geschlechterforschung, insbesondere auf Elisabeth Klaus’ Ausführungen zur Frauenöffentlichkeit. Um das Magazin „Prisma“ im historischen Zusammenhang zu sehen, werden die politischen Rahmenbedingungen und der ORF in der damaligen Zeit kurz skizziert. Für die biographische und medienhistorische Annäherung werden als Untersuchungsmaterial Interviewaufnahmen mit Trautl Brandstaller, Zeitungsartikel und Videoaufzeichnungen der Sendungen aus dem ORF-Fernseharchiv herangezogen. …