Rudolf Holzer: Österreichischer Exiljournalismus in Skandinavien 1938–1945

Einleitung:

Nach Dänemark habe ich Schweden aufgesucht.
Das ist ein Land, wo die Liebe zum Menschen stark entwickelt ist und auch die Liebe zum Beruf in einer höheren Bedeutung. Der interessanteste Fall von Liebe zum Beruf ist dort bei einem Menschen vor gekommen, der kein Schwede war.
Das macht aber nichts für die Theorie, denn seine Liebe zum Beruf ist grad in Schweden besonders ausgebildet und auf die Probe gestellt worden.
(Bertold Brecht, Flüchtlingsgespräche)

Einleitung

Exiljournalismus in Skandinavien heißt zwangsläufig in erster Linie: Aufenthalt und Tätigkeit bzw. verordnete Untätigkeit in Schweden; zumindest ab 1940, als nach der Besetzung Dänemarks und weiter Teile Norwegens durch die deutsche Wehrmacht diese beiden Länder aufgehört hatten, als unabhängige, schutzgewährende Staaten zu existieren. Daher findet sich in dieser kurzen Skizze über die österreichischen Exilantinnen und Exilanten des Journalismus fast ausschließlich eine Beobachtung der Situation in Schweden.

Daß es nicht mehr als eine Skizze sein kann, liegt in dem Umstand begründet, daß sie quasi nur eine Art Nebenprodukt einer allgemeinen Beschäftigung mit jener Epoche im Rahmen der Vorarbeiten für eine Fernsehproduktion darstellt. Die wesentlichsten Grundlagen im empirischen Bereich bildeten hierbei das Biographische Handbuch der deutschsprachigen Emigrationdie Arbeiten von Helmut Müssener zum deutschsprachigen Exil in Schweden, sowie die allgemeine Studie zum österreichischen Exiljournalismus von Fritz Hausjell. So ergab sich für die Analyse ein vorläufiges Sample von 32 Personen, das noch dahingehend differenziert wurde, als zwischen Journalistinnen im engeren Sinn (d. h. in erster Linie jene Personen, die bereits in der Zeit vor ihrer Flucht aus Österreich journalistisch tätig waren) und jenen Frauen und Männern, die erst im Exilland begonnen haben, sich journalistisch zu betätigen, unterschieden wurde…