Theodor Venus: Die erste zivile Großradiostation Österreich-Ungarns geht in Betrieb Vor 70 Jahren

Einleitung
Schon in den Jahren 1908-1914 erlebte das österreichische Funkwesen nach Abschluß einer mehrjährigen Testphase einen enormen Aufschwung. Der raschen Ausrüstung, vor allem von Schiffen der k.u.k. Kriegsmarine, mit Bordfunkstationen folgte in den Jahren 1908-1912 die Eröffnung dreier Küstengroßfunkstationen in den Kriegshäfen Pola, Sebenico und Cattaro an der dalmatinischen Küste. Entsprechend einem Übereinkommen zwischen Kriegs- und ziviler Verwaltung wurden diese drei Stationen auch dem zivilen radiotelegraphischen Verkehr zugänglich gemacht.

Dieser Verkehr, für den auf ziviler Ebene am 1. März 1912 ein sogenanntes „Funken-Telegraphen-Inspektorat“ eingerichtet wurde, welches dem k.u.k. Handelsministerium unterstellt war, umfaßte zunächst jedoch nur den Austausch von Radio-Telegrammen zwischen zivilen Personen- und Handelsschiffen und den drei Küstenstationen. Ein gemeinsamer Vorschlag, wie er von seiten der beiden größten weltweit operierenden, Funkgerät produzierenden Firmen Marconi und Telefunken dem k.u.k. Handelsministerium knapp vor Kriegsbeginn präsentiert wurde, kam nicht (mehr) zur Ausführung.

Da die militärischen Radiostationen mit Kriegsbeginn ausschließlich für militärische Zwecke in Anspruch genommen, der zivile Nutzen der Radiotelegraphie – vor allem zum Zwecke der Aussendung von Propagandanachrichten für die neutrale Auslandspresse – unabweisbar war, begann sich das Handelsministerium, auf das dringende Ersuchen des k.u.k. Ministeriums des Äußeren hin, dem die Beeinflussung der Auslandspresse (via Botschaften und Attaches) oblag, schon bald nach Kriegsbeginn mit dem Plan zur Errichtung einer eigenen weitreichenden, zivilen Radiotelegraphenstation zu befassen. Unter dem Vorsitz des Generaldirektors für das österreichische Post-, Telegraphen- und Fernsprechwesen, Sektionschef Wagner Jauregg, fand am 2. August 1915 eine erste vorbereitende Besprechung „über die Errichtung einer Radiogroßstation in Österreich“ statt. Neben Ministerialbeamten und dem ehemaligen und reaktivierten „Funken-Telegraphen-Inspektor“ (1912-1914), Eugen Winkler, nahm auch der Telefunken-Direktor Hans Bredow als Sachverständiger an dieser Unterredung teil.

An dem grundsätzlichen Beschluß, daß eine solche Station zu errichten wäre, gab es zu diesem Zeitpunkt keinen Zweifel mehr; beraten wurden lediglich die näheren Modalitäten der Beschaffung, Errichtung und des Betriebs. …