Einleitung: Zygmunt Bauman formt seine Auffassung vom menschlichen Leben in der Moderne in die Allegorie des Pilgers, der zielgerichtet wandert, einerseits um in der Wüste nicht verloren zu gehen, andererseits um auf seine Spuren im Sand zurückblicken und daraus eine Linie entwickeln zu können, die das Festmachen eines Davor und Dahinter, eines Näherrückens, eines Fortschritts, eines Herannahens ermöglicht. Die Straße aus Fußstapfen steuert auf einen Punkt zu, dieser verleiht der beschwerlichen Bewegung Sinn, dem Wandernden Identität – nicht zuletzt der Leere dazwischen Gehalt. Denn die Überwindung der Distanz ist äquivalent zur zeitlichen Kategorie des Aufschubs: „Eine Zeit, mit der man Distanzen messen will, sollte wie das Lineal von Schulkindern sein – gerade, aus einem Stück, mit regelmäßigen Abstandsmarkierungen, aus hartem solidem Material. Und von dieser Art war die Zeit des modernen Lebens-auf-Projekte-hin tatsächlich. Sie war wie das Leben selbst – gerichtet, kontinuierlich und unnachgiebig.“
Für den Pilger, der sein Ziel und damit seine Identität sehr früh festlegt, seine Etappen auf der geraden, kontinuierlichen Linie, in den genau festgelegten zeitlichen Abschnitten der Adoleszenz, des Erwachsenendaseins und des Alters zurücklegt, bedurfte es einer zentralen Voraussetzung: Der Stabilität seiner Welt. Eben jene ist in der Postmoderne nicht mehr gegeben. Die Windstille, die den Abdrücken im Sand Dauer gewährleistete, dem Weg den Anschein von Orientierung gab, ist einem Sturm gewichen. …