Einleitung: Zu den hervorstechenden Eigenschaften der literarischen und künstlerischen Moderne gehört nach Arnold Gehlen ihre prinzipielle „Kommentarbedürftigkeit“. In der ästhetischen Theorie verbindet sich damit eine Gewichtsverlagerung von der Werks- zur Betrachter- oder Wirkungsästhetik. Das Lesen von Bildern, Bauten und Büchern wird nicht nur als Problem begriffen, sondern als notwendige zusätzliche Leistung im Kontext des schöpferischen Prozesses anerkannt. Der Leser schreibt sich als Co-Fabulierer gleichsam in den Text ein, und der Betrachter rückt ins Bild.
Radikale Subjektivierung in der Rezeptionshaltung und ein auf Schock, Imagination und Verschlüsselung gründendes Werk Verständnis künden von den sinnlichen und erkenntnispraktischen Herausforderungen im Zeitalter der Avantgarden.
Im Zeichen der Moderne hat sich allerdings auch noch etwas anderes verändert, quantitativ wie qualitativ: Die Kommunikationsräume weiten sich. Theater, Museen, Galerien, Buchhandlungen, Konzerthäuser, Periodika usw.,die sich vom 19. bis zum 20. Jahrhundert entwickelnde kulturelle Infrastruktur läßt die Dialogangebote sprunghaft wachsen und ermöglicht technisch eine massenhafte Verbreitung der Künste. Öffnung und Pluralität in dieser Form fordert aber ihren Preis: Entzauberung, Reproduzierbarkeit, spielerische Beliebigkeit oder in der Sprache der Kulturkritik: Auraverlust. …