Einleitung: Wer die Entwicklung der Massenmedien Radio und Fernsehen oder der digitalen Online-Medien in historischer Perspektive nachzeichnen möchte, steht vor einer großen theoretischen und methodischen Herausforderung. Denn eine solche Geschichte muss sich systematisch mit der Programmproduktion bzw. mit der publizistischen Leistung dieser Medien auseinandersetzen, also auf die eine oder andere Weise eine Programmgeschichte schreiben. Und das ist grundsätzlich ein aufwändiges Unterfangen. Wie eine solche Programmgeschichtsschreibung aussehen könnte, wurde im Laufe der letzten drei Jahrzehnte – besonders in Deutschland – rege debattiert. Die in Deutschland formulierten Abhandlungen zur Konzeptualisierung der „Programmgeschichtsforschung“ weisen bei aller Verschiedenheit eine folgenreiche Gemeinsamkeit auf: Sie betrachten den Forschungsgegenstand als hoch komplex. Die Komplexität des Forschungsgegenstandes wird rasch ersichtlich, wenn man der vielfach rezipierten Auslegeordnung von Winfried Lerg (1982) folgt. Der Medienhistoriker plädiert für eine integrale Darstellung der Programmgeschichte und für starke Bezüge zur Kommunikator- und Rezipientengeschichte. Dementsprechend müssten nicht nur die publizistischen Produkte selber, sondern auch die Faktoren Politik, Recht, Wirtschaft, Kultur und Technik in die Analyse systematisch miteinbezogen werden, da sie den publizistischen Produktionsprozess mehr oder weniger stark mitprägen würden. Tatsächlich bezeichnet seither ein Großteil der Autorinnen und Autoren programmhistorischer Projekte einen interdisziplinären Forschungsansatz für unerlässlich, denn nur so könnten auch die Ergebnisse der anderen sozialwissenschaftlichen Fachgebiete (Sozialpsychologie, Soziologie, Politologie u. a.) sowie der Geschichts-, Kultur- und Sprachwissenschaften genutzt werden. …