Abstract:
Kitsch bleibt in der Diskussion, Kitsch erreicht endlich auch Akzeptanz in jener Disziplin, die sich mit der Alltagskultur beschäftigt und früher Volkskunde bzw. Europäische Ethnologie hiess. Der Beitrag zeichnet den langen Verdrängungsprozess von Kitsch nach und stellt heraus, wie dieser im Zuge eines revidierten Fachverständnisses ab den 1960er Jahren allmählich Alltagsrelevanz erreichte und frühere Moralpositionen rund um das angeblich ”Echte” überwand. Dabei zeigt sich, wie fruchtbar sich Theorien und Konzepte aus benachbarten Fächern erweisen und auf das Alltagsleben übertragen lassen. Die Bestimmung diesbezüglicher Positionen mündet in die These, derzufolge Kitsch keine Objektqualität ist, sondern als selbstgenüsslich gefühliger Erlebnismodus (Jürgen Grimm) zu fassen bleibt, zu dem es in alltäglichen rührigen Mustern, Konfigurationen, Dispositionen und inneren Bildern kommt. Kitsch gehört in eine populäre Gefühlskultur, die neu auszumessen ist, abseits einer elitären Geschmacksdebatte.