Abstract
Die Geschichte des Journalismus im 19. und frühen 20. Jahrhundert wird meist als Geschichte der Modernisierung beschrieben, in deren Verlauf sich journalistische Kommunikation nach und nach von anderen gesellschaftlichen Kommunikationsformen abgrenzt und ein eigenständiges Funktionssystem herausbildet. Dabei distanziert sich Journalismus in zunehmendem Maße auch vom Literatursystem, das zwar ähnliche Wurzeln wie das System Journalismus aufweist, sich ab Mitte des 18. Jahrhunderts jedoch seinerseits autonomisiert und professionalisiert. Allerdings lassen sich auch gegenläufige Entwicklungen nachweisen: Gerade Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts finden sich zahlreiche Beispiele für einen Literarischen Journalismus, der bewusst literarische Programme der Themensammlung, -selektion und -bearbeitung in den Journalismus inkludiert, um der zeitgleich einsetzenden „Vernachrichtlichung“ eine Alternative entgegenzusetzen. Der Beitrag zeichnet die Geschichte dieses „anderen“ Journalismus nach – und ergänzt die Forschung zur Geschichte des medialen Berufsfeldes damit um einen kritischen Kontrapunkt.