Einleitung
Trauerreden sind immer ein Anlaß, in bewegten Worten von dem Verblichenen Abschied zu nehmen und zu beteuern, wie unvergessen er sein werde. So ernsthaft dies auch im Moment gesagt sein mag, so schnell entschwinden diese Absichtserklärungen – insbesondere in der „Verdrängungsmeinschaft“ Österreich – in der Regel sehr bald aus dem Gedächtnis. Friedrich Heer ist nun drei Jahre lang tot, und es ist nun an der Zeit, sich aus Anlaß seines siebzigsten Geburtstages seines Werkes und seines Lebens zu erinnern. Dies nicht aus Gründen der Sentimentalität, sondern vor allem deswegen, weil Friedrich Heer, einer der originellsten, produktivsten österreichischen Historiker ist, der zu Lebzeiten immer wieder zu Spruch und Widerspruch herausforderte. Friedrich Heers Texte heute zu lesen, heißt, die Vielfalt einer menschlichen, historisch geprägten, politischen Existenz zur Kenntnis zu nehmen, die gegen die Zeit und in der Zeit zugleich Tendenzen, Entwicklungen, Brüche und Traditionen entdeckte, die damals wie heute zeitgemäß und zeitlos zugleich sind. Friedrich Heers Werk, sein Denken, seine Träume, Hoffnungen und Sehnsüchte als Mensch, Christ und Wissenschaftler zu beschreiben heißt Friedrich Heer selbst zu Wort kommen zu lassen. Dies soll hier in einigen Ansätzen geschehen. …