Einleitung: Die Stummfilmära in Österreich war zeitweise eine höchst produktive und die Zahl der auf den Markt drängenden in- und ausländischen Filme ist heute kaum mehr vorstellbar. In Relation zu diesem Angebot und der Bedeutung der Kinematografie im Unterhaltungsangebot sind handfeste Forschungsergebnisse zur österreichischen Stummfilmlandschaft Mangelware. Deshalb haben wir zum filmwirtschaftlich besonders spannenden Zeitraum 1918 bis 1927 eine empirische Erhebung durchgeführt, Basisdaten zum Filmmarkt, den Produzenten und Verleihern erhoben und in den historischen Kontext gestellt.
Die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg bis zur Einführung der Filmkontingentierung im Jahre 1926 waren gekennzeichnet von einem rasanten Aufstieg der österreichischen Filmproduktion (1921/22) und ebenso drastischen Einbruch (1924/25). In beidem extrem, höchste Prosperität und tiefste Depression, erlebte die österreichische Filmbranche eine wilde Berg- und Talfahrt. Zahlreiche filmwirtschaftliche und -politische Weichen für die darauf folgenden Jahre und Jahrzehnte wurden in dieser Zeit gestellt: die Ausbildung der Wiener Atelierlandschaft, die Filmkontingentierung, die Anbindung an den deutschen Markt, wie auch eine Tendenz, mit Großproduktionen den internationalen Markt erobern zu wollen.
Gründe genug, diesen filmhistorischen Zeitraum genauer zu beleuchten. Dieser Beitrag will vor allem gravierende Lücken in der österreichischen Stummfilmgeschichte schließen. Nach einer Skizze der Entwicklung bis zum Ende des Ersten Weltkriegs werden zunächst die ökonomischen Rahmenbedingungen der Filmindustrie in den Jahren 1918-1927 behandelt und dabei die UrSachen für die angesprochene Berg- und Talfahrt herausgearbeitet. Daran anschließend werden die Methodik und Detailergebnisse der empirischen Untersuchung dargestellt.