Einleitung: Da er, schreibt Karl Kraus im Dezember 1915, kein Zeitungsleser sei, sondern mehr als genug leiste, wenn er zur stets gegenwärtigen Gestalt der Schmach sich nur den nächsten Anlaß hole; da ihm dazu sein Blick über die deutlichste Wiener Gelegenheit genüge und selbst der Übelwollende ihn nicht für fähig halten werde, die Vossische oder die Kölnische Zeitung zu studieren, so verstehe es sich wohl von selbst, daß die meisten „der hier und auch späterhin als dokumentarische Werte eingesetzten, häufig der Auslandspresse entnommenen Zitate nicht an der Quelle gesucht wurden. Sie sind in der Wiener Arbeiter-Zeitung gefunden worden“ (Fackel 413, 112); „sie sind“, heißt es im nächsten Heft der Fackel, „wieder der Arbeiter-Zeitung entnommen, deren Bemühen, dem durch Tat und Flucht grausamen Tag etwas Besinnung beizubringen, hier auf haltbarerem Papier“ unterstützt werde (Fackel 418, 45).
Lob und demonstrativer Hinweis, erstaunlich genug für diesen Todfeind der Presse, haben einen Grund. Es ist der Mut, „im Krieg gegen den Krieg“ (Fackel 876, 29) aufzutreten, den Karl Kraus anerkennenswert fand. „Die Arbeiter-Zeitung“, heißt es nach Kriegsende, sei, „von wenigen Entgleisungen abgesehen, das anständigste Tagblatt in Mitteleuropa“ (Fackel 717, 118) gewesen. Der einschränkende Zusatz: „so ziemlich den ganzen Krieg hindurch“, ist berechtigt. Tatsächlich war führenden Sozialdemokraten, unter ihnen der Chefredakteur der Arbeiter-Zeitung, bei Kriegsbeginn eine nationale Ohnmacht zugestoßen. Bis Anfang 1917 gaben großdeutsche Sozialisten ungeniert den Ton an. Was jedoch Friedrich Austerlitz anlangt, so war für ihn der „Tag der deutschen Nation“ bereits im Spätherbst 1914 vergangen. „Der Krieg ist eine wilde Bestie“, schrieb er am 18. November; die ihn verherrlichen, „sind ,Kriegsgecken’“, am 13.; und sein Artikel „5 Monate“ vom 29. Dezember schloß mit dem frommen Wunsch: „Friede, Friede auf der Erde!“…