Oliver Rathkolb: Der Kalte Krieg um die österreichische Buchproduktion 1948

Einleitung
Bereits in den US-Nachkriegsplanungen für eine „Umerziehung“, Reorientation, der von Faschismus und Nationalsozialismus beeinflußten Deutschen und Österreicher war das Buch als ein wesentliches Instrument zur demokratischen Meinungsbeeinflussung vorgesehen – manchmal hatte es sogar den Anschein, als versprachen sich die zuständigen Propagandaoffiziere des Office of War Information (OWl) zu viel von dem Einsatz dieser „Propagandawaffe“, wobei vorerst vor allem die Produktion von US-Literatur vorgesehen war, um durch möglichst undifferenzierte und keineswegs kritische Literatur eine Art positiven Propagandaeffekt in Bezug auf das Amerika-Bild der Deutschen zu erzielen.

Nach der Besetzung Österreichs durch die Alliierten und der Übernahme der Zonenverwaltung durch das US-Element wurde in dieser Zone die Verlagsproduktion so wie jede Aktivität im Bereich von Literatur, Theater, Film, Rundfunk und Musik – die Kompetenzbereiche des ehemaligen Reichsministeriums für Propaganda und Volksaufklärung also – strikt untersagt und für derartige medienpolitische Aktivitäten eine Lizenzierung durch die Information Service Branch (ISB) vorgeschrieben. Während der Rundfunk in der US-Zone zur Gänze und die Zeitungen zumindest teilweise unter US-Verwaltung blieben, wurde das Verlagswesen spätestens ab der ersten Hälfte des Jahres 1946 freigegeben, ohne jedoch vorerst auf Lizenzierung und gegebenenfalls auf die obligate Nachzensur zu verzichten.

Diese scheinbare Liberalisierung war jedoch in der Praxis etlichen Restriktionen unterworfen, die auch über die Papierzuteilung wirksam werden konnten. 1947 hatten die Erteilungen von Lizenzen und die damit verbundenen politischen Nachforschungen hinsichtlich des Verhaltens der in Frage kommenden Verleger während der NS-Zeit vollständig aufgehört, wobei nicht vergessen werden sollte, daß sich die Amerikaner relativ wenig in die Entnazifizierung im Bereich des Buch- und Verlagswesens eingemischt haben. …