Abstract:
Geschichtsthemen wie Nationalsozialismus, Österreich nach dem Krieg, aber auch scheinbar fern liegende Epochen wie z.B. Päpste der Renaissance und der durch Ötzi ausgelöste Steinzeit-Boom liegen im Trend journalistischer Medienberichterstattung und fiktionaler Begleiterzählungen. Wenig ist bislang darüber bekannt, wie die Medienkommunikate durch Rezipienten verarbeitet werden und welche Konsequenzen sich hieraus für das Geschichtsbewusstsein und die nationale Identität einer Gesellschaft ergeben. Entwickelt wird ein Modell der multidimensionalen Geschichtsvermittlung (MuG), das es erlaubt, die kommunikative Leistungsfähigkeit geschichtsthematisierender Fernsehsendungen, Print- Erzeugnisse und Computerspiele zu messen und zu beurteilen. Auf der Grundlage von Theorien des Gedächtnisses, der Informationsverarbeitung und der Persuasion werden im MuG-Modell vergangenheits- und gegenwartsbezogene Ebenen der Geschichtsvermittlung unterschieden und empirischen Indikatoren wie Wissenstransfer, Deutungsmodifikation, Identitätsbildung und Humanitätsvermittlung zugeordnet. Das Modell wurde in Untersuchungen des Projekts „TV-Geschichtsvermittlung im transnationalen Raum“ bei mehr als 1200 ProbandInnen getestet. Im Kontext transnationaler Kommunikationen lassen sich mit Hilfe des MuG Aussagen u. a. darüber treffen, ob und inwieweit Geschichtselaborate der Medien zur Europäisierung des Geschichtsbewusstseins beitragen oder aber national verengte historische Perspektiven bedienen.