Gaby Falböck, Wolfgang Duchkowitsch & Erik Bauer
Nach den dieser Ausgabe von medien & zeit vorangestellten Skizzen des Wissenschafters, Kommentators in öffentlichen Diskursen zu Medienfragen und letztendlich Menschen Fritz Hausjell, intendieren die weiteren Beiträge dieser Festschrift den „Spuren“ des lehrenden und forschenden Wirkens des anlässlich
seines 60. Jubiläums zu Feiernden nachzuspüren. Infolgedessen widmen sich die in dieser Ausgabe von medien & zeit publizierten Beiträge Themenfeldern, die den Wissenschafter Fritz Hausjell in seiner bisherigen beruflichen Karriere beschäftigten.
Der erste Abschnitt firmiert unter dem Titel „Qualität im Journalismus im Spannungsfeld medienpolitischer Interessen“. Roman Hummel eröffnet die Ausleuchtung dieses Feldes mit einer Betrachtung der Regulierung des österreichischen Rundfunks ausgehend von einem Analyseraster, das rundfunkpolitische Bestrebungen als Konsequenzen von Problemlagen, Machtverhältnissen, kulturellen Grundlagen und technologischen Entwicklungen eines Landes einordnet. Er ermöglicht damit einen Blick auf die Geschichte des öffentlich-rechtlichen Radio-, Fernseh- und Internetanbieters, der die oft mehr zentrifugal denn zentripetal wirkenden Kräfte transparent macht. Der daran anschließende Essay von Josef Barth offenbart die Dilemmata, mit denen JournalistInnen in Österreich in ihrer täglichen Praxis, nämlich der Recherche von Informationen mit dem Ziel, diese der Öffentlichkeit bereitzustellen, konfrontiert sind. Ein – wie schon im Titel beschriebener – Journalismus ohne Recht auf Information steht vor einer Barriere, zu deren Überwindung enorme Kraftanstrengungen erforderlich sind, die letztendlich nicht immer aufgebracht werden können. Ein stärkeres Bewusstmachen dieser von falschen demokratiepolitischen Vorstellungen geprägten Verwaltungsrealität in Österreich fordert Barth zumindest für das Studium der Publizistikund Kommunikationswissenschaft ein. Rezente Entwicklungen des und vorsichtige Prognosen zum Qualitätsjournalismus in Österreich sind Inhalt der Auseinandersetzung von Hans Heinz Fabris. Als langjähriger Forscher im Feld des Qualitätsjournalismus und Herausgeber eines für den heimischen Journalismus zentralen Messinstruments, des „Berichts zur Lage des Journalismus in Österreich“, vermisst er in seinem Beitrag das Feld des Qualitätsjournalismus innert der Regierung Türkis-Blau. Er greift dabei auf das an der Universität Salzburg erarbeitete analytische Instrumentarium zurück und
erweitert und ergänzt dieses um jene Ausprägungen, die Teil der Infrastruktur des aktuellen Medienmarktes sind.
Die Beiträge im zweiten Abschnitt dieser Festschrift können unter der Klammer „Kommunikationsgeschichte und ihre Relevanz für die Gegenwart“ gefasst werden. Die Ausführungen eröffnet Wolfgang Duchkowitsch mit seinem Beitrag Propaganda für die Volksabstimmung am 10. April 1938. Nach Einsicht der dokumentierten Akten wie Analyse der Berichte und Kommentare der österreichischen Presse legt er die Strategien der politischen Propaganda des NS-Staates zur Vorbereitung eines mit großer Gewissheit als großen Erfolg zu feiernden Ereignisses dar. Gaby Falböck und Christian Schwarzenegger spannen in ihrem Beitrag einen weiten historischen Bogen auf, um die Geschichte der Medien von Minderheiten in Österreich und von aus Österreich Vertriebenen nachzuzeichnen. Die publizistische Funktion dieser Medien lässt sich in erster Linie als Plattform zur Artikulation nach innen – und damit Stärkung der Identität der Gruppe – wie zur Repräsentation der Gruppe nach außen beschreiben. Wenngleich ihre Publika eng begrenzte sind, verfügen diese Ethnomedien – nicht zuletzt aufgrund ihrer Funktion für die dahinterstehende Community – über eine lange Tradition auf dem Medienmarkt. Welche Wirkkräfte innerhalb dieses spezifischen, sich jedoch zunehmend ausdifferenzierenden Medienmarktes einwirken und welche Verschiebungen aufgrund dessen erfolgten, legen die AutorInnen im Folgenden dar. Margarethe Szeless und Marion Krammer erhellen eine bislang wenig ausgeleuchtete Facette der Bildkommunikation im Österreich der Nachkriegszeit.Ihr Beitrag intendiert, die Darstellung von Displaced Persons in österreichischen Illustrierten nach 1945 wie den Diskurs des Flüchtlingsthemas im Wiener Kurier nachzuzeichnen. Treibende wie maßgeblich gestaltende Kraft in der neu zu formenden Bildkommunikation der österreichischen Presse war der amerikanische Bilderdienst. Der Mission folgend, der Bevölkerung Informationen über den Krieg zu vermitteln, stellte diese Pictorial Section österreichischen Medien Bildmaterial gratis zur Verfügung. Wie Szeless und Krammer feststellen konnten, zeugen die wenigen publizierten Bilder von einem visuellen Narrativ, das der Attribuierung Österreichs als erstem Opfer NSDeutschlands geschuldet ist: Nicht Displaced Persons, sondern deutschsprachige Vertriebene wie nach dem Krieg sich ereignende Emigrationsgeschichten von ÖsterreicherInnen nach Übersee werden ins Bild gerückt. Einen überzeugenden Beweis studentischer Kompetenz im wissenschaftlichen Argumentieren und damit einen Beleg für den Sinn und die Relevanz akademischer Lehre, die den in dieser Ausgabe von medien & zeit gefeierten Fritz Hausjell so sehr antreiben, liefern Maximilian Brockhaus und Klaus Kainz. Die beiden Studierenden im Masterlehrgang „Zeitgeschichte und Medien“ diskutieren den Nutzen einer Frauen- und Geschlechtergeschichte für die Gesamtgesellschaft. Den Anlass für ihre Auseinandersetzung boten die aktuellen Erinnerungs- und Gedenktage anlässlich von 100 Jahren Frauenwahlrecht
und dem jährlich wiederkehrenden Frauentag. Ausgehend von der Theorie des kulturellen Gedächtnisses loten die Autoren die Potenziale wie die dafür erforderlichen Handlungen zur Konstitution eines Narrativs aus, das unabhängig von Geschlecht Erinnerung evoziert und damit ein bis heute existierendes Ungleichgewicht in der Geschichtsvermittlung auflöst.
Mit diesem Denken über Geschichte und Erinnerung endet diese Ausgabe von medien & zeit und damit auch die Rundumschau nach den wissenschaftlichen Feldern in denen Fritz Hausjell fruchtbare Arbeit leistete und hoffentlich noch leisten wird. Was zu tun bleibt, ist dem Gründer und langjährigen Mitstreiter für die Geschicke und den Bestand der Zeitschrift medien & zeit zu seinem 60. Geburtstag zu gratulieren.
Gaby Falböck, Wolfgang Duchkowitsch & Erik Bauer