Abstract
Medienhistorische Arbeiten legen meist dar, dass das Aufkommen neuer Medien von euphorischen und pessimistischen Stimmen begleitet wird. Die öffentliche Kommunikation über neue Medien wird dabei aber kaum herausgearbeitet. Zugleich haben sich Mediengeschichte, Diffusionstheorie sowie empirische Forschung zur Mediennutzung und -aneignung bisher kaum gegenseitig befruchtet. Dieser Beitrag zielt am Beispiel der Diffusion des Internets auf eine Verbindung dieser verschiedenen Forschungsbereiche. Gezeigt wird, wie die Verbreitung des Internets in der öffentlichen Kommunikation bereits rhetorisch vorweggenommen wurde. Auf Basis zweifelhafter und interessengeleiteter Schätzungen verbreiteten journalistische, politische und wirtschaftliche AkteurInnen Aussagen und Zahlen zur gegenwärtigen und zukünftigen Nutzung und Ausbreitung des Internets. Potenzielle NutzerInnen konnten durch diese Berichterstattung Vorstellungen einer stark wachsenden Onlinegemeinschaft und unaufhaltsamen gesellschaftlichen Entwicklung gewinnen, die sie selbst unter Zugzwang setzten. Die zusammengeführten Erkenntnisse ermöglichen eine kritische Diskussion und Erweiterung der Diffusionstheorie und vertiefen das historische Verständnis für die Etablierung neuer Medien.