Einleitung: Das „Neue Wiener Journal“, dessen Herausgeber, Jakob Lippowitz, in antisemitischen Kreisen zu den „verbre- cherische(n) Land- und Rassefremden“ gezählt wurde, gegen die nur mehr ein „Ku-Klux-Klan“, ein „Femegericht“ helfe (Teja, 1927), veröffentlichte 1924 insgesamt fünf feuilletonistische Beiträge eines jungen Mitarbeiters, der sich in späteren Jahren an der Hatz auf die jüdische „Presse-Meute“ (ebd.) beteiligen sollte. Drei von ihnen sind in der ersten Person abgefaßt, allesamt dürften sie mehr oder weniger auf eigenen Erfahrungen beruhen, lassen jedenfalls die Geistesart eines satirisch gestimmten Journalisten erkennen, der es beharrlich mit Scherz, Ironie ohne tiefere Bedeutung versuchte und jenem abgeschmackten Witz, der ein naher Verwandter von Blödelei und Trivialität ist. „Keuchend“, ist da etwa zu lesen, „drei Stufen auf einmal nehmend, flog ich zum vierten Stock empor, blieb schnaubend vor einer wackeligen Tür stehen, die drohend versicherte, daß Fremden der Eintritt verboten sei. Natürlich strengstens. Aufatmend ging ich hinein, stolperte über ein Vogelbauer, in dem sich ein ausgestopfter Fink schaukelte, sprang vorwärts, um mein verlorenes Gleichgewicht wieder zu finden und stieg dabei auf eine Kugel, die boshaft unter meiner Sohle auskniff und mich dadurch der Länge nach zu Boden warf, wobei ich mit der Hand in etwas hineinfuhr. Dies war ein aller Reiterstiefel aus der Zeit des „ollen Fritzen”“ (Schuster, 31.1.1924).
So wie hier geht es allerorten bei Valentin Schuster zu, dem Autor dieser Zeilen, ob nun vom sogenannten „Atrappenkavalier” die Rede ist, der „ordentlich vor Benehmität“ strotzt, weil sein „ganzes Sinnen“ darauf ausgeht, „bei allen Pflasternixen ob seiner Dienstbereitschaft bekannt zu werden“ (Schuster, 21.7.1924); oder von der Frau, die ihren Mann mit dessen bestem Freund betrügt (Schuster, 27.7.1924), vom Gefängnis, in dem sich „Kasseneinbrecher und Taschendiebe, Raubmörder und Scheckfälscher, acht Stück an der Zahl“ (Schuster, 21.8.1924), ein fröhliches Stelldichein geben; oder aber um die „Äther-Premiere” des Erzählers. Er habe, bekennt Schuster unumwunden, „seit jeher ein Verständnis für Narkotomanien und schwere Perversionen“ gehabt (Schuster, 27.8.1924). Wohl wahr, darf nach Lage der Akten ergänzend hinzugefügt werden; denn dieser Schuster, der nicht bei seinem Leisten blieb, kannte sich im Halbwelt-, im Verbrecher- und Rauschgiftmilieu aus. Sein Werdegang beweist es. …