Einleitung: Informationsmonopol und Manipulation von Informationen
Nachdem Iulian, der designierte Nachfolger auf den Kaiserthron, im Jahr 357 n. Chr. bei Straßburg den Alamannenkönig Chnodomar besiegt hatte, war es für interessierte Zeitgenossen kein Leichtes, an glaubwürdige Informationen über die Schlacht zu kommen. Denn der regierende Kaiser Constantius II. suchte den militärischen Erfolg für sich zu verbuchen. Wenige Jahrzehnte später schildert Ammianus Marcellinus jene Problematik in seiner Römischen Geschichte, in der er Constantius II. nicht zuletzt wegen seiner eitlen Ruhmsucht generell ein schlechtes Zeugnis ausstellt:
„Durch die Großsprecherei von Schmeichlern nämlich neigte er zur Überheblichkeit und verbreitete damals und später in öffentlich präsentierten Mitteilungen (eigentlich,Edikten) hochmütig zahlreiche Lügen, nämlich dass er (obwohl er doch beim Geschehen gar nicht dabei war) allein in der Schlacht gekämpft, gesiegt und die unterwürfigen Stammeskönige aufgerichtet habe, und das schrieb er gleich einige Male; und wenn er sich gerade in Italien aufhielt und irgendein Heerführer tapfer gegen die Perser gekämpft hatte, so envähnte er diesen in seinem wortreichen Text nicht, sondern versandte zum Schaden der Provinzen die Siegesnachricht, in der er in gehässiger Prahlerei darauf hinwies, er habe in den ersten Reihen gefochten. (Ammianus Marcellinus 16,12,69 (eigene Übersetzung))
Ammianus Marcellinus registriert hier ein beklemmendes Informationsmonopol des Kaisers, das einer der Realität des Geschehens verpflichteten Berichterstattung im Wege stand. Iulian erkannte das Dilemma und versuchte seinerseits, seinen Anteil am Sieg von Straßburg ins rechte Licht zu rücken (Stenger, 2009, S.255f). Dass seine publizistische Initiative letztlich von Erfolg gekrönt war, ergibt ein Querschnitt durch die antike Überlieferung über jene Schlacht, wo von Constantius keine Rede mehr ist.
Der antike Historiker hatte sich also mit politisch bedingten Informationsdefiziten und bewussten Manipulationen auseinanderzusetzen (Ando, 2007, S.250-236 (orig. 1986)). Der Bericht des Ammianus erinnert überdies an die Kommunikationsmechanismen seiner Zeit, die auf Boten und Briefen basierten und den Nachrichtenfluss bis in die entfernten Winkel des römischen Herrschaftsgebietes lenkte: Wenn kaiserliche Truppen am Euphrat kämpften, dann erfuhr man davon alsbald auch in den Administrationszentren Britanniens. Dass die Figur des Kaisers und seine Entourage derlei Erfolgsmeldungen dominierten, war die Regel…