Einleitung: Zusammen mit der jiddischen Folks Styme und der griechischen Zeitung Demokratis war die deutschsprachige Arbeiterstimme, die von 1951 bis 1958 in Wroclaw/Breslau herausgegeben wurde, lange Zeit eine der wenigen fremdsprachigen Publikationen für nationale Minderheiten in Polen (Sienlawski, 1959). Seitdem 11. Juni 1951 erschien die Zeitung zuerst wöchentlich, von Juli 1955 bis zur letzten Ausgabe im April des Jahres 1958 schließlich als Tageszeitung. Nachfolgerin der Arbeiterstimme war die Zeitschrift Die Woche in Polen, deren erste Nummer am 4. Mai 1958 publiziert wurde; bereits nach wenigen Monaten (Weihnachten 1958) mußte jedoch Die Woche in Polen ihr Erscheinen ebenfalls einstellen.
Aus unterschiedlichen Gründen blieb die Arbeiterstimme in der zeitgenössischen westdeutschen Publizistik weitgehend unbeachtet. Obwohl die Zeitung seit einigen Jahren zur uneingeschränkten Durchsicht zur Verfügung steht, fehlt doch bis heute eine ausführliche Darstellung.
Nach einem Blick auf die zeitgenössische Rezeption der Arbeiterstimme sollen daher ausgewählte inhaltliche Schwerpunkte der Berichterstattung untersucht werden, wobei erstmals auf die vollständigen Jahrgänge der Zeitung zurückgegriffen werden kann. Den ersten Schwerpunkt der Analyse bildet die Frage, inwieweit die Arbeiterstimme ihre offizielle Funktion, Sprachrohr der Deutschen in Polen zu sein, wahrnahm beziehungsweise inwieweit sie als staatliches Propagandainstrument zur Beeinflussung dieser nationalen Minderheit diente. Als „Fenster nach Deutschland“ kam der außenpolitischen Berichterstattung des Blattes für die Leser große Bedeutung zu; der zweite Schwerpunkt der Untersuchung ist daher der Frage gewidmet, welches Bild die Arbeiterstimme von den beiden Teilen Deutschlands zeichnete. …