Einleitung: Zeit bestimmt den Alltag des Menschen wesentlich mit: Arbeitszeiten, Freizeiten, Einkaufszeiten, Essenszeiten etc. bilden zeitliche Strukturierungen des Tagesablaufs. Die Koordination mehrerer unterschiedlicher Zeitstrukturen ist fester Bestandteil der Alltagsbewältigung. Wir sind ständig damit beschäftigt, Zeit auszufüllen, und dies geht mit einem bewußten Erleben von Zeit einher (z.B. in Form von Zeitknappheit oder Langeweile). Gleichzeitig orientiert sich unser gegenwärtiges Handeln an vergangenen Erfahrungen und/oder zukunftsgerichteten Zielen. Dabei treffen wir aber eine Reihe interindividueller Unterschiede an: Manche Menschen haben Schwierigkeiten im weit voraussehenden Planen und im Einteilen von Zeit. Andere fühlen sich von Zeit unter Druck gesetzt und haben Angst, daß die Zeit zu schnell vergeht, kennen dagegen das Gefühl der Langeweile nicht. Aufgrund solcher Alltagsbeobachtungen stellt Zeit ein psychologisch relevantes Phänomen dar, das u.a. das psychische Wohlbefinden tangieren kann.
Der vorliegende Beitrag will psychologisch relevante Bedingungen aufzeigen, die das individuelle Zeitbewußtsein konstituieren. Zunächst werden schwerpunktmäßige Akzente und Fragestellungen psychologischer Zeit-Forschung mit einzelnen Ergebnissen Umrissen (Abschn. 1), daran anschließend erfolgt eine begriffliche und strukturelle Klärung des Konstrukts “Zeitbewußtsein” (Abschn. 2). Vor diesem Hintergrund werden in Abschn. 3 die Einbettung des individuellen Zeitbewußlseins sowohl in den aktuellen als auch in den biographischen und gesellschaftshistorischen Lebenskontext fokussiert. Damit lassen sich sowohl individuumspezifische als auch situationsspezifische Merkmale des Zeitbewußtseins und deren psychologische Bedeutung differenzieren…