Editorial 2/2016 Afrikanisch-Europäische Medienbeziehungen

„In your text, treat Africa as if it were one country“ (Wainaina, 2012) – was der kenianische Autor und Gründer des Literaturmagazins Kwani Binyavanga Wainaina in seiner satirischen Gebrauchsanweisung How to Write about Africa SchriftstellerInnen empfiehlt, wird in Medienbeiträgen zu Afrika beständig umgesetzt. Wenngleich die Berichterstattung zum afrikanischen Kontinent und ihre Kontextbedingungen, zumindest im deutschsprachigen Raum, keineswegs intensiv erforscht sind, (Behmer, 2014, S. 18) besteht zu ihrer Ausgestaltung ein wissenschaftlicher Common Sense: Der Kontinent wird medial undifferenziert als homogene Einheit voller Probleme dargestellt, die eurozentristische Berichterstattung konzentriert sich vorwiegend auf die „4Ks“ – Kriege, Korruption, Krankheiten und Katastrophen. Das alltägliche Leben wird dabei meist ebenso ausgeblendet wie positive Entwicklungen, die von AfrikanerInnen initiiert wurden. Vielmehr werden diese als passive HilfeempfängerInnen gezeichnet, die auf ihre Rettung durch den helfenden Westen warten (Tatah, 2014).

Dieser Umstand hat lange Tradition, die Richard Hölzl beleuchtet, indem er das Kommunikationsregime europäisch christlicher Missionen ab den 1830ern in Afrika aufzeigt. Der Historiker zeichnet ein detailliertes Bild der publizistischen und kommunikativen Prozesse vor allem des 19. Jahrhunderts – durch den eingeführten Begriff der „Imperialen Kommunikationsarbeit“ erweitert er das Fachvokabular durch eine praxeologische Sicht und erfasst gleichzeitig die Beziehung zwischen Kolonie und Metropole. Nicht zuletzt durch das gewählte Fallbeispiel Pauli Hololas, eines Lehrers und Missionars welcher um 1880 in der portugiesischen Kolonie Ostafrika geboren wurde, leistet Hölzl einen eindrucksvollen Beitrag zur Sichtbarkeit nicht-europäischer IntermediärInnen.

An das Ende des Kolonialismus knüpft Martin Sturmer in seinem Beitrag zur österreichischen Berichterstattung über den Kontinent Afrika seit den 1960er Jahren bis in die Gegenwart an. Mithilfe von zahlreichen Pressebeispielen gelingt es Sturmer die Kontinuitäten der, vor allem im NS-Regime beförderten, Rassismen vom „primitiven“ oder „bestialischen Kontinent“ zur „tragischen Figur“ vor Augen zu führen.

Mit hohem Grad an sprachlicher Reflexion nähert sich Julia Dittmann dem Thema hegemonialer Inszenierungen von Weißsein im zeitgenössischem Film an. Dabei geht sie auf die politische wie philosophische Konstruktionsgeschichte der Kategorie Weißsein ein, die bis in die heutige Zeit als Grundlage für gesellschaftliche Privilegien und Machtpositionen wirken. In profunder Auseinandersetzung mit den Filmen Die weiße Massai (2005) sowie La Noire de… (1966) dekonstruiert Dittmann Stereotype der vorherrschenden Rollenbilder.

In einer empirischen Analyse untersucht Paulo Nuno Vicente professionelle Kulturen sowie Rahmenbedingungen von in afrikanischen Ländern stationierten KorrespondentInnen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dynamischer gewordenen medialen Produktionen durch Recherchemöglichkeiten, aber auch partizipativer Einbindung von LeserInnen im digitalen Zeitalter, wodurch Vicente einen bevorstehenden Paradigmenwechsel der internationalen Berichterstattung ausmacht.

Schließlich kritisiert Adams Bodomo in seinem Aufsatz die sogenannte „Win-Win-Win-Hypothese“ und geht damit auf die Kooperation von Afrika, China und der EU ein. Bodomo identifiziert nicht nur eine Schieflage auf Kosten der afrikanischen Seite, sondern stellt ein Modell für eine Zusammenarbeit im Sinne einer „Africa-driven Win for All“-Hypothese vor.

In der Rubrik Research Corner verschafft Anna Sawerthal Einblicke in ihr laufendes Dissertationsprojekt, in dem sie die Adaption der Presse für ein tibetisch-sprachiges Publikum anhand der zwischen 1925-1963 erschienenen Zeitung yul phyogs so so’i gsar ‘gyur me long untersucht.

Mit vorliegender Schwerpunkt-Ausgabe möchten wir den LeserInnen eine, im deutschsprachigen Raum, unterrepräsentierte Thematik näher bringen und wünschen eine anregende Lektüre.

Barbara Metzler, Erik Bauer & Christina Krakovsky

Bibliographie:
Behmer, M. (2014). Afrikanische Impressionen – Ein Streifzug durch Forschung und Berichterstattung. In: Tatah, V. (Hg.), Afrika 3.0. Mediale Abbilder und Zerrbilder eines Kontinents im Wandel. Berlin, S. 17-27.
Tatah, V. (2014). Afrika 3.0: Ein Kontinent im Wandel – Vorwort zum Tagungsband. In: Tatah, V. (Hg.), Afrika 3.0. Mediale Abbilder und Zerrbilder eines Kontinents im Wandel. Berlin, S. 1-4.
Wainaina, B. (2012). How to Write about Africa. London. Abgerufen von http://granta.com/how-to-write-about-africa, Zugriff am 16.07.2016.